Das Konzept des Architekten

In architektonischer Hinsicht wird das geniale Einfühlungsvermögen Holzmeisters sichtbar, mit dem er sein Bauwerk in die Landschaft und in das Dorf hineinkomponiert. In die oberste Häuserzeile am Abhang des Gipsberges eingereiht, mit direktem Kontakt zum Nachbarhaus, fügt sich die Kirche harmonisch in das Dorf- und das Landschaftsbild ein. Abweichend von tradierten Formen des Kirchbaues ragt der breitgelagerte, wuchtige Komplex aus der Häuserzeile empor, das Dorfbild krönend, ohne es zu erdrücken oder als Fremdkörper zu wirken.

Das theologische Konzept Holzmeisters spiegelt sich am deutlichsten im Innenraum. Zentraler Ort der Eucharistiefeier ist der Altarraum mit dem Hauptaltar. Deshalb ist für ihn hier auch der architektonische Mittelpunkt der Kirche, und er konzipiert von hier aus das Gotteshaus.

In mittelalterlichen Kirchen waren die beiden Raumkomponenten „Gemeinderaum“ und „Eucharistieraum“ durch eine Chorschranke oder den Lettner streng von einander getrennt. Holzmeister verwendet für diese Abgrenzung lediglich die niedrige Kommunionbank, die eher als Dekoration empfunden wird denn als Trennung. Dadurch können Priester und Gemeinde eine echte Eucharistie-Gemeinschaft bilden.

Der Hauptaltar wird in seiner Würde und seiner Wichtigkeit architektonisch betont, indem er durch neun Stufen stark erhöht steht. Aus dem „Holzmeisterscher Lichtturm“ ist alles Licht auf ihn gelenkt. Der Blick der Gläubigen zum Hauptaltar wird nicht durch Säulen verstellt, auch nicht durch Nebenaltäre oder anderen Zierrat abgelenkt. Der weite, helle und einheitliche Raum des Kirchenschiffes schließt alle Anwesenden zu einer Gottesdienstge­meinde zusammen. Den Sängerchor hat Holzmeister in enge Verbindung zum Hauptaltar auf die dahinter liegende Empore platziert, damit er aktiv bei der heiligen Handlung mitwirken kann Dieses Raumkonzept wurzelt im liturgischen Geist der 1920er Jahre und entspricht vorauseilend dem Geist des II. Vatikanischen Konzils. Aus diesem Raumkonzept ergibt sich zwangsläufig das Äußere Bild der Kirche.

Schon der Vorentwurf Holzmeisters ließ eine weitgehende Ähnlichkeit seiner Ideen mit den Vorstellungen des Pastors erkennen, die der in seinem ersten Brief angedeutet hatte. Man kann sagen: Ein avantgardistischer Architekt trifft auf einen modernen Bauherren, der mit ihm auf gleicher Wellenlänge liegt. Der umfangreiche Briefwechsel zwischen Architekt und Bauherrn belegt, dass sich die anfängliche Übereinstimmung während der Bauzeit zu einer beispiellosen Zusammenarbeit steigert, durch die viele Details ständig weiterentwickelt werden. Als Frucht dieser Zusammenarbeit steht am Ende ein in sich geschlossenes Gesamtwerk.